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Latein – Entscheidungshilfe bei der Sprachwahl

Da die 2. Fremdsprache in der 6. Klasse beginnt, muss die Entscheidung für eine der Angebotssprachen schon relativ früh fallen. Als 2. Fremdsprache wird am Gutenberg-Gymnasium Französisch oder Latein angeboten. Als 3. Fremdsprache kann Spanisch ergänzt werden.
Mit folgenden Ausführungen kann eine Entscheidungshilfe gegeben werden.

Warum Latein?
1. Der Lateinunterricht erweitert und vertieft die Grammatikkenntnisse vor allem im Deutschen (Deklinationen, Konjugationen, Tempora, Modi…) und fördert somit den bewussteren Umgang mit der deutschen Sprache. In dem intensiven Übersetzungstraining wird auch die Ausdrucksfähigkeit im Deutschen geübt.

2. Der Wortschatz des Lateinischen ist die Basis der meisten west- und südeuropäischen Sprachen: So sind z. B. über 50% des englischen Wortschatzes lateinisch-romanischen Ursprunges. Die Nützlichkeit des lateinischen Wortschatzes nimmt mit dem Anspruchsniveau der englischen Texte zu; dies gilt vor allem  für die Wissenschaftssprache. Besonders stark sind lateinische Wörter naturgemäß in den romanischen Sprachen, die ja unmittelbar aus dem Lateinischen entstanden sind, vertreten. Trotz veränderter Schreibweise und Aussprache sind eine Vielzahl lateinischer Wörter im Italienischen, Französischen, Spanischen, Portugiesischen und auch Rumänischen wiederzuerkennen. So gehen beispielsweise die Wörter voice (englisch), voix (französisch), voce (italienisch) und voz (spanisch) auf das lateinische Ursprungswort vox zurück. Auch bei den grammatischen Formen sind teilweise noch verblüffend große Ähnlichkeiten festzustellen. Die Verbformen „ich singe, du singst …“ sind lateinisch: canto, cantas, cantat, cantamus, cantatis, cantant spanisch: canto, cantas, canta, cantamos, cantáis, cantan. Der Lateinschüler erwirbt – gerade vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens – einen europäischen Basiswortschatz, der auch die Herstellung interessanter historischer Bezüge erlaubt (Sprachgeschichte, Herkunft bestimmter Wörter).

3. Sehr viele Fremdwörter im Deutschen stammen aus dem Lateinischen. Sie sind daher für „Lateiner“ oft leicht zu erschließen: z.B. dekadent (von lat. decadere -herabfallen), postulieren (von lat. postulare – fordern).

4. Latein ist immer noch Studienvoraussetzung für einige Studienfächer: z. B. für Englisch, Französisch (Italienisch und Spanisch) und Geschichte, oft auch für Deutsch (Germanistik). Meistens werden Lateinkenntnisse im Umfang des Latinums verlangt, das ein Schüler am Ende der 11. (bei Beginn in Klasse 6 am Ende der 10. bzw. bei Latein ab der 9. Klasse am Ende der 13.) Klasse bei mindestens ausreichender Note erhält. Diese Lateinkenntnisse können zwar auch an der Universität erworben werden, dies kostet jedoch viel Zeit und führt gelegentlich sogar zu einem Studienabbruch. (Genauere und immer wieder aktualisierte Angaben zu Latein als Studienvoraussetzung finden sich auf der Website des Altphilologenverbandes www.altphilologenverband.de .)

5. Latein ist auch für andere Studienfächer nützlich. Dies gilt z.B. für Medizin, da sich viele medizinische Fachausdrücke aus dem Lateinischen ableiten, was vor allem für die Anatomie gilt. So lernen z.B. auch angehende Krankengymnastinnen (Physiotherapeutinnen) meistens z.B. die Muskelbezeichnungen auf Latein.
Latein ist ebenso für Jura eine gute Vorbereitung, da es das analytische Denken und den bewussten Umgang mit Sprache fördert.

6. Der Lateinunterricht macht den Schüler mit einer Vielzahl griechischer und römischer Sagen (z.B. mit dem trojanischen Sagenkreis um Odysseus und Aeneas), mit Episoden aus der antiken Geschichte (z. B. über Alexander den Großen) und mit den Grundbegriffen antiker Philosophie vertraut. Der Lateinunterricht konfrontiert den Schüler also mit Grundmotiven der europäischen Dichtung, Kunst, Musik und Geschichte und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Entstehung eines europäischen Gemeinschaftsbewusstseins in kultureller Hinsicht.

7. Der Lateinunterricht fordert von den Schülerinnen und Schülern permanente Aufmerksamkeit, viel Geduld und sorgfältigen Umgang mit der Muttersprache bei der Übersetzung aus dem Lateinischen und fördert damit in besonderem Maße die Heranbildung von Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und genauer Ausdrucksfähigkeit. Diese Tugenden sind zwar keine Erfolgsgarantie, aber immerhin die Grundlage für jede Berufsausbildung und vor allem für die Absolvierung eines Studiums (= Verbesserung der Studierfähigkeit).

Anforderungsprofil
Im Lateinischen werden vor allem Texte aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, gelegentlich werden auch einmal einzelne deutsche Formen ins Lateinische übertragen. Damit unterscheidet sich der Lateinunterricht fundamental von den modernen Fremdsprachen. Es werden keine Diktate geschrieben, die Unterrichtssprache ist Deutsch, die Aussprache entspricht im Wesentlichen der des Deutschen.
Diesen unzweifelhaften Erleichterungen des Lateinischen im Vergleich zu den modernen Fremdsprachen stehen aber auch einige spezifische Schwierigkeiten gegenüber: So bereitet die Übersetzung lateinischer Texte wegen der Formenvielfalt und der sehr hohen Dichte sprachlicher Informationen ungleich mehr Schwierigkeiten, als dies bei modernen Sprachen der Fall ist. Daher sind viel Ausdauer und die Freude am Lösen sprachlicher Denkprobleme unbedingt erforderlich. Oft fällt daher mathematisch-naturwissenschaftlich begabten Schülern Latein leichter als Schülern, die an spontanen Äußerungen und an Kommunikation an sich interessiert sind. Allerdings muss sich der angehende Lateinschüler klar machen, dass der Lernanteil bei Latein hoch und das erschließen unbekannter Vokabeln aus dem Zusammenhang meistens schwieriger als bei den modernen Fremdsprachen ist.
Schließlich sollte bei einer Entscheidung bedacht werden, dass Latein das Gymnasialfach an sich ist, da es an keiner anderen Schulform (Ausnahme: Gesamtschule) als am Gymnasium angeboten wird. (Vorsicht! Schüler, die trotz Realschulempfehlung und schwachem Notenbild Latein wählen, müssten sich darauf einstellen, gegebenenfalls bei einem späteren Wechsel zur Realschule daher dort Französisch oder ein anderes Wahlpflichtfach nachzulernen (nach Klassenstufe 7 oder 8) bzw. auf die Wahlmöglichkeit für eine zweite Fremdsprache ganz zu verzichten (nach Klassenstufe 9).)

Wer aber Spaß an einer stets anspruchsvollen Beschäftigung hat und sich mit einer vordergründigen Erklärung nicht zufrieden gibt, sondern „den Dingen auf den Grund gehen“ will, der ist in Latein richtig.